Ab morgen werde ich Diät halten, morgens Laufen gehen, weniger Fernsehen, freundlicher zu meinen Mitarbeitern sein und mehr Zeit mit meinen Kindern verbringen. Ich werde ein total anderer super toller Mensch sein!
Kennst du solche Vorsätze? Wie oft ist es dir gelungen alles durch zu bringen und wie oft hast du alles wieder über den Haufen geworfen?
Jedes Mal finden wir super überzeugende Ausreden, warum es mit der Diät genau jetzt nicht klappt oder wir erst nächsten Monat anfangen können weniger Fern zu sehen. Oder aber wir ärgern uns darüber, dass wir heute doch wieder nicht beim Sport waren. Morgen wird es dann aber klappen…
Natürlich klappt es auch am nächsten Tag nicht.
Dies hat einen einfachen Grund. Meist nehmen wir uns viel zu viel aufs Mal vor und lassen dann alles bleiben. Die wohl einzige Möglichkeit, dass es uns gelingt, viel auf einmal zu verändern ist nach einer Eingebung oder einem Schicksalsschlag.
Also wird es uns einfach nie gelingen etwas zu verändern?
Doch! Um etwas in unserem Leben zu verändern, müssen wir unser Gehirn neu programmieren. Nur wenn die neue Gewohnheit oder Tätigkeit automatisch abläuft, werden wir es schaffen diese über eine längere Zeit täglich durchführen können. Unsere Willenskraft reicht dafür leider nicht aus.
Genau so klappt es auch beim Kopfentstricken. Viele deiner Verstrickungen werden sich durch eine Veränderung von Gewohnheiten entwirren lassen.
Menschen sind Gewohnheitstiere, wenn wir uns gewohnt sind, uns nach der Arbeit vor den Fernseher zu setzen, dann läuft das genauso automatisch ab, wie bei jemandem, der sich gewohnt ist Laufen zu gehen. Ebenso verhält es sich mit dem Essen, jemand der sich gewohnt ist Früchte zu essen, der kriegt eher Lust auf eine Frucht als auf Schokoriegel.
Erst mal gibt es aber gute und schlechte Neuigkeiten. Welche möchtest du zuerst?
Gute und schlechte Neuigkeiten
Unsere Gehirne sind total ausgeklügelte Systeme, welche es uns ermöglicht haben, uns so weit zu entwickeln. Jedoch stehen uns genau diese ausgeklügelten Systeme dann im Weg, wenn wir wieder mal ab morgen alles anders machen wollen.
Erst die guten Neuigkeiten – wir können unser Gehirn umprogrammieren!
Dank seiner Plastizität, also seiner Fähigkeit sich entsprechend der Nutzung zu verändern, passt sich das Gehirn dauerhaft neuen Verhaltensweisen an und erleichtert uns diese somit.
Nun die schlechten Neuigkeiten – unser Gehirn mag keine Veränderungen.
Dies bedeutet, dass es uns anfangs nicht leicht fällt etwas Neues in unser Leben zu integrieren und es leider kein Wundermittel gibt, um schneller ans Ziel zu kommen. Wir müssen uns anstrengen, benötigen Willenskraft und es dauert jeweils mindestens 3 Wochen bis die Umprogrammierung im Gehirn niedergeschrieben ist.
Der beste Weg, um bewusst in die Neuvernetzung des Gehirns einzugreifen, ist durch Gewohnheiten. Wir haben die Möglichkeit neue Gewohnheiten einzuüben oder alte Gewohnheiten zu durchbrechen.
Hier findest du viele Tipps und Tricks, wie dir dies einfacher fallen wird.
Gewohnheiten werden in unser Gehirn eingebunden
Unser Gehirn formt neuronale Verbindungen basierend darauf, was wir in unserem Leben wiederholt tun, egal ob gut oder schlecht – uns wegen jeder Kleinigkeit Sorgen zu machen, über andere Autofahrer zu schimpfen, Fingernägel zu kauen oder jeden Morgen Sport zu treiben – all dies ist eingeübt und läuft fast wie von alleine ab.
Alle oft wiederholten mentalen Zustände, Reaktionen und Verhaltensweisen werden zu Pfaden in unserem Kopf, dabei spielt es keine Rolle, ob diese für uns nützlich sind oder nicht. Es genügt sogar, immer wieder an diese Tätigkeiten zu denken, ohne sie auszuführen.
Eine Gewohnheit einzuüben oder zu durchbrechen erfordert plastische Veränderungen in unserem Gehirn. Dies bedeutet, dass Zellen im Kopf, welche wiederholt gemeinsam ausgelöst werden, in Zukunft gemeinsam abgefeuert werden. So entsteht eine neue Gewohnheit, welche dann fast wie von alleine abläuft.
Du kannst dir dies so vorstellen, dass wenn der erste Teil einer Tätigkeit begonnen ist, der Rest wie von alleine abläuft. Wenn du den Computer einschaltest brauchst du nur den “on” Knopf zu drücken und dann startet sich jedes Programm im Autostart von alleine ohne eine weitere Eingabe.
Also wenn du beispielsweise deine Sportklamotten anziehst, dann läuft es sich danach wie von selber. Es benötigt keine grosse weitere Anstrengung mehr die Tür zu öffnen, raus zu gehen, loszulaufen, noch einen Meter zu laufen und noch einen Meter zu laufen usw. Die Hürde ist, die Klamotten anzuziehen.
Je öfter du Laufen gehst, desto mehr automatisiert sich der Prozess, vielleicht sogar das Anziehen der Klamotten, welches direkt auf das Aufstehen folgt.
Das allerwichtigste dabei ist, dass wir jeweils nur kleine, übersichtliche Mini-Vorsätze fassen.
Kleine, übersichtliche Mini-Veränderungen
Wir haben jeden Tag nur eine bestimmte Menge an Willenskraft zur Verfügung, damit sollten wir sparsam umgehen.
Wenn wir uns vornehmen ab morgen eine Diät zu halten, täglich Sport zu treiben und nicht zu Fernsehen, dann sind die Chancen sehr gross, dass die Willenskraft nicht ausreicht und wir mit einer Tüte Chips auf dem Sofa vor dem Fernseher landen.
Besser ist es erst mit nur einer Veränderung anzufangen. Ich bin generell kein grosser Freund von Diäten und würde deshalb nur empfehlen gesünder zu essen. Aber auch dies in kleinen Schritten und so, dass es weiterhin schmeckt. Also zum Beispiel täglich ein ungesundes durch ein gesundes Lebensmittel zu ersetzen, wie Früchte und Nüsse statt Schokoriegel oder Hülsenfrüchte statt Fleisch.
Nach einigen Wochen wird es dann schon völlig normal für dich sein, dies zu tun und bedarf keinerlei Anstrengung mehr. Nun könntest du ein anderes Lebensmittel ersetzen oder vielleicht mit Sport anfangen.
Auch dort gilt, nur moderat zu beginnen. Wenn du von null zu einer Stunde Laufen pro Tag gelangen möchtest, dann ist auch dies wieder unrealistisch. Vielleicht möchtest du lieber eine halbe Stunde zügig gehen und dazu deine Lieblingsmusik oder ein Hörbuch hören.
Diese Taktik funktioniert für alle Veränderungen, welche du umsetzen möchtest. Ob es darum geht früher aufzustehen, freundlicher zu den Mitarbeitern zu sein oder dem Partner mehr Dankbarkeit zu zeigen.
Zusätzlich gilt es zu beachten, dass wir immer den Weg des geringsten Widerstandes gehen möchten und wir uns mit Entscheidungen schwer tun.
Der Weg des geringsten Widerstandes
Weil wir so wenig Willenskraft zur Verfügung haben, versuchen wir immer möglichst sparsam damit umzugehen. Deshalb wählen wir den Weg des geringsten Widerstandes.
Dieser ist oft nicht laufen zu gehen und dafür im Bett liegen zu bleiben oder vor dem Fernseher sitzen zu bleiben statt ein Buch zu lesen. Kommt dir das bekannt vor? Mir auf jeden Fall!
Wir müssen uns überhaupt nicht dafür schämen oder denken wir wären faul. Dies ist alles nur menschlich. Also was können wir tun?
Den Widerstand für die Dinge erhöhen, welche wir nicht tun wollen und für die reduzieren, welche wir tun möchten. Beispielsweise;
- Batterie aus der Fernbedienung des Fernsehers nehmen, wenn du nicht mehr Fernsehen möchtest oder den Fernseher vom Strom trennen (nur wenn du alleine wohnst!)
- Lege deine Sportsachen neben das Bett bereit oder ziehe sie zum Schlafen an (nur wenn die Kleider frisch gewaschen sind), wenn das Bereitlegen nicht ausreicht
- Bereite dir gesunde Snacks oder Mahlzeiten vor, dass diese einfacher zu erreichen sind als die gesunden Lebensmittel und befreie deinen Haushalt von den ungesunden Lebensmitteln (nur wenn du damit sonst niemanden wütend machst)
usw.
Diese Tipps sind definitiv nicht neu, ich habe diese schon oft gehört und immer als wirkungslos abgetan, ohne es auszuprobieren natürlich.
Mit mehr Wissen darüber wie unser Gehirn funktioniert jedoch machten diese Vorschläge nun wirklich viel Sinn und ich habe dies ausprobiert, um mir anzugewöhnen jeden Morgen Yoga zu machen.
Dazu habe ich habe die Yogamatte am Abend schon mitten im Zimmer ausgelegt und meine Yogaklamotten neben dem Bett bereitgelegt. Und es hat tatsächlich funktioniert!
Einen weiteren Trick habe ich angewendet, damit ich zu diesem Ergebnis gekommen bin. Ich hab mir alle Entscheidungen abgenommen.
So viele Möglichkeiten
Einerseits wollen wir alle Entscheidungsmöglichkeiten haben, andererseits sind wir damit überfordert und tun schlussendlich gar nichts. Es hilft Entscheidungen betreffend neuer Gewohnheiten im Voraus zu überlegen und sich zusätzlich selbst Regeln aufzustellen.
In meinem Yogabeispiel ist dies erst die Entscheidung Yoga zu machen und nicht laufen zu gehen. Wenn du dir vornimmst jeden Tag Sport zu machen, aber dich noch nicht zwischen Laufen, Radfahren, Fitness, Schwimmen oder Yoga entschieden hast, könnte es dir schwerfallen, dich überhaupt für etwas zu entscheiden.
Weiter hilft es innerhalb der Sportart zu wissen, was genau du tun möchtest. So suchte ich mir Abends schon die Übungsreihe raus, welche ich am Morgen machen würde.
So hatte ich alle Hindernisse aus dem Weg geräumt; Yogamatte und Klamotten bereit, ich weiss genau, was ich machen würde und so gelang es mir täglich meine Übungen durchzuführen, ohne viel Willenskraft dafür aufbringen zu müssen.
Alles Übungssache
Wie wenn du eine neue Sprache lernst, wirst du nicht nach einem Tag fliessend darin sein. So wird es vorkommen, dass du deine neue zukünftige Gewohnheit nicht jeden Tag gleich erfolgreich umsetzen kannst.
Sei grosszügig mit dir und erlaube dir Fehler zu machen. Zu denken «jetzt hab ich Idiot …. schon wieder (nicht) gemacht», verknüpft in meinem Gehirn «Ich» mit «Idiot», was wir nicht möchten. Es ist ok, wenn es nicht auf Anhieb klappt mit den Mini-Veränderungen. Denke dir besser “Das ist schon in Ordnung, ich habe dafür die letzten 5 Tage die neue Gewohnheit eingeübt und werde es auch morgen wieder tun”.
Wie bei jedem Lernprozess gehört es dazu Fehler zu machen und es bedarf viel Übung um perfekt zu werden.
Das dauert mir alles zu lange
Kann ich total verstehen! Am liebsten möchten wir doch alle morgen schon alle Veränderungen umgesetzt haben. Dabei geht es mir nicht anders und auch ich finde es doof, dass es nicht so funktioniert.
Jedoch lautet die Alternative zur langsamen Veränderung – gar keine Veränderung
Dann doch lieber die kleinen, übersichtlichen Mini-Veränderungen! So tut sich auf jeden Fall etwas und in ein paar Monaten kannst du gar nicht mehr glauben, wie viel sich getan hat.
Die Gewohnheiten sind wie Pfade in unserem Gehirn, wenn wir einen Weg immer und immer wieder gehen wird er vom Trampelpfad zur Autobahn. So musste ich mich anfangs noch mit der Machete von “Aufstehen” zu “Sport” kämpfen, nach etwas über einer Woche war es eher ein gemütlicher Spaziergang auf einem Trampelpfad und mittlerweile führt mich eine Autobahn von Aufstehen zu Sport.
Und umgekehrt? Schlechte Gewohnheiten loswerden, plus Selbstversuch
Wenn wir uns nun aber etwas abgewöhnen, also eine Gewohnheit durchbrechen möchten? Meist funktioniert es nicht, den Pfad dann einfach nicht mehr zu begehen, also zu versuchen die Gewohnheit zu ignorieren.
Wir brauchen eine Alternative.
Meine letzte Mini-Veränderung war, mich nicht mehr über die anderen Autofahrer zu ärgern. Nur zu denken “ich rege mich nicht auf, ich rege mich nicht auf” hilft hier reichlich wenig. Wenn sich ein anderer Autofahrer unschön verhalten hat, um mich zu ärgern (denn die machen das alle absichtlich), dann habe ich versucht meine Gedanken auf etwas anderes zu fokussieren.
Ich konzentrierte mich auf die schöne Landschaft neben der Strasse, freute mich über das schöne Wetter, hörte bewusst meiner Lieblingsmusik oder einem Hörbuch/Podcast zu.
Und wenn das Ganze geklappt hatte und ich vergessen hatte mich aufzuregen, dann freute ich mich darüber und erlaubte mir auch ein bisschen stolz zu sein. Kleine Belohnungen helfen dann zusätzlich.
Die Umprogrammierung hat etwa fünf Wochen gedauert, nun kann ich ganz entspannt von A nach B gelangen und bin dort immer noch gut gelaunt, ohne mich unterwegs anstrengen zu müssen nicht zu fluchen und unanständige Handzeichen zu machen. Ein super gutes Gefühl! Klar wundere ich mich immernoch, wenn scheinbar alle wieder völlig chaotisch fahren, drängeln oder mich schneiden, nur wütend werde ich nicht mehr.
Mein Kopf ist nun wieder frei für eine neue Mini-Veränderung. Was könnte wohl die nächste sein?
Sei aufmerksam
Mache dir bewusst, was in deinem Kopf vor sich geht, um den Auslöser für unerwünschte Gewohnheiten zu finden.
Wenn du eine Gewohnheit loswerden möchtest, finde erst heraus wodurch diese ausgelöst wird. Gibt es bestimmte Situationen oder Erlebnisse, welche eine Handlung auslösen? Ein Beispiel könnte sein aus Langeweile zum Kühlschrank zu gehen.
Wenn du weisst, was der Auslöser ist, dann fällt es oft leichter eine Alternative zu finden. Wenn es nun Langeweile ist, gibt es unzählige Möglichkeiten anders darauf zu reagieren. Tue etwas, was du gerne machst, gehe spazieren, lese ein Buch, rufe eine Freundin an oder kuschle mit deinem Haustier.
Wichtig ist, dass du zum Verändern der Gewohnheit bei der Ursache ansetzt und dort etwas veränderst. Weniger oft zum Kühlschrank zu schleichen wird sich wohl nicht so einfach umsetzen lassen, etwas gegen die Langeweile zu tun hingegen schon.
Woher krieg ich mehr Willenskraft?
Verhalten ändern benötigt Willenskraft. Die Willenskraft kannst du dir wie einen Muskel vorstellen, er ermüdet nach viel Anstrengung und kann nicht mehr weiterarbeiten. Also haben wir pro Tag nur eine gewisse Menge Willenskraft zur Verfügung.
Willenskraft wiederum benötigt Serotonin. Etwas mehr von dem Serotonin kannst du durch Sonnenlicht, Massage, Sport und fröhliche Gedanken produzieren.
Umgebe dich mit den richtigen Menschen
Wie wir uns fühlen und verhalten ist ansteckend. Dies konnte in einer Studie zur Verbreitung von Übergewicht gezeigt werden. Was auch immer du erreichen möchtest wird viel einfacher funktionieren, wenn die Menschen in deiner Umgebung diese Eigenschaft auch mit sich bringen.
Wenn du zum Beispiel mehr Sport treiben möchtest umgebe dich mehr mit deinen sportlichen Freunden.
Empfehlenswerte Bücher zu dem Thema:
- Stephen Guise:
- Kelly McGonigal:
- Charles Duhigg: